Meine Meinung: Roger Indinger
Schlechte Nachrichten
aus Schwansen?
Keineswegs!
Bei der August-Ausgabe des Schlei-Blättchens staunte ich nicht schlecht, hielt ich doch als Beilage ein zweites Nachrichten-Blättchen in der Hand, welches unabhängig und kritisch sein möchte und in der ersten Überschrift von Transparenz kündete.
Ein Nahwärmekonzept für Rieseby
Drei Viertel davon setzen sich mit der jüngst erfolgten Vorstellung eines Nahwärmekonzepts für die Gemeinde Rieseby von der Firma Lorica Energiesysteme GmbH & Co KG auseinander. Der Artikel („Bericht“ wäre unzutreffend) ist allerdings gespickt mit geschickten Unterstellungen und Auslassungen – immer da, wo es der eingeengten Sicht des Autors (Frank Dreves) widersprechen könnte, der sich gegen jede alternative Energieversorgung stemmt, wie kein Zweiter.
Kein Spiel mit der Angst – mögliche Alternativen werden gezeigt
Meine persönliche Wahrnehmung der Veranstaltung war eine ganz andere: ein „Spiel mit der Angst“ habe ich nicht wahrgenommen. Erlebt und in meiner Geldbörse gespürt habe ich in den vergangenen Monaten jedoch eine Abhängigkeit von billigem russischem Gas und Öl, deren finanzielle Auswirkungen unser Staat mit viel Geld abfedern musste, was bei Herrn Dreves unerwähnt blieb. Auf der Veranstaltung wurde eine Alternative zu dieser Abhängigkeit aufgezeigt. Wind und Sonne schreiben keine Rechnungen und sind von der internationalen politischen Lage gänzlich unbeeindruckt, sofern die Erzeugungsanlagen in unserem Einflussbereich betrieben werden.
Ein Angebot aus einer Hand
Wir haben hier einen Firmenvertreter gesehen, der uns Einwohnern ein mögliches Angebot beschreibt: eine Firma, die vollkommen legal Windkraftanlagen betreibt, möchte einen im Genehmigungsverfahren befindlichen Windpark um ein Nahwärmenetz erweitern. Mir als Bürger sitzt damit als Vertragspartner auch nur eine Firma gegenüber, die mit diesen Verträgen Geld erwirtschaften will. Daran ist weder etwas Unsolidarisches noch Verwerfliches zu erkennen. Ungesagt bleibt im Dreves’schen Artikel, dass die Annahme des (noch nicht konkret formulierten!) Angebots freiwillig ist und jeder bei seiner Wärmeversorgung bleiben kann, so lange, wie er möchte und es die gesetzlichen Rahmenbedingungen zulassen.
Nur ein Windpark?
Ich verstehe die Sorge nicht. Die Aussage wurde vom Firmenvertreter ausdrücklich getroffen: der Windpark ist beantragt und soll kommen. Das Nahwärmenetz ist ein zusätzliches Vorhaben. Hätte man erwähnen können, ruft dann aber keine Verunsicherung hervor.
Einspeisung und Gewerbesteuer
Die problematische Frage der Einspeisung wäre gerade bei einer Nahwärmeversorgung kein so drängendes Problem. Wer bei der Präsentation aufgepasst hat, weiß, dass der erzeugte Strom aus Wind zum Beheizen des Speicherbeckens genutzt werden soll. Eine Einspeisung in das Stromnetz wird damit in weiten Teilen überflüssig. Erwähnt wird das von Frank Dreves natürlich nicht. Die Kritik der nicht näher benannten Gewerbesteuer-Einnahmen der Gemeinden ist unverständlich und die Finanzierung über die Strompreise kein Geheimnis. Für ein Unternehmen ist das ein Kostenfaktor, der wirtschaftlich auf den Preis umzulegen ist.
Keine Vergleichsprojekte – wie denn auch?
Die Aussage war klar: es gibt deutschlandweit bisher keine vergleichbaren Projekte. In der Vorgängerveranstaltung konnte man einen anderen Eindruck bekommen. Das war nicht gut und wurde eindeutig klargestellt. Eindeutig erwähnt wurde von Frank Dreves die fehlende praktische Erfahrung, unerwähnt blieb, dass man sich das notwendige Fachwissen über ausländische Partner in die eigene Firma holt, eine nicht unübliche Praxis, wenn man ein neues Geschäftsfeld betreten möchte.
Ein vergleichbares Projekt, nur mit deutlich weniger angeschlossenen Haushalten, entsteht gerade in Schleswig-Holstein, in Meldorf. Hierzu ein Beitrag des NDR.
Nahwärme-Äpfel und Breitband-Birnen
Der Vorwurf musste kommen: die Bewirtschaftung eines Nahwärmenetzes ist großflächig nicht rentabel, daher sei das Geschäftsmodell „raffiniert und unsolidarisch“. Zur Einordnung: vorgestellt hat sich eine Firma, die ein Nahwärme-Angebot an einen Teil der Einwohnerschaft macht, soweit es eben wirtschaftlich machbar ist.
Bei der Breitbandversorgung braucht es einen kleinen Blick in die Historie: Es gibt einen klaren gesetzlichen Auftrag, zu dem über eine Ausschreibung Unternehmen gesucht wurden, die diesen umsetzen. Beworben hat sich niemand, was als „Marktversagen“ bezeichnet wird. Nur dieser Umstand hat dem Amt Schlei-Ostsee die Gründung des Breitbandzweckverbands (BZV) ermöglicht – quasi als „Selbsthilfe“. Der BZV ist keine gewinnorientierte Wirtschaftsunternehmung und überhaupt nicht mit einer solchen vergleichbar. Das Netz wurde so aufgebaut und später über eine europaweite Ausschreibung ein Betreiber dafür gewählt.
Thema „solidarisch“: In der Vorstellung wurde ein Komplettausbau kurz diskutiert. Im Dreves’schen Artikel unerwähnt wurde die durchaus sinnvolle Fragestellung, ob es nicht auch unsolidarisch wäre, die deutlich überproportionalen Kosten auf alle Haushalte umzulegen. Wenn die Kunden die dann deutlich höheren Preise nicht zahlen (können), die notwendigen Anschlussquoten nicht erreicht werden und das Nahwärmenetz nicht umgesetzt wird, ist nur einem gedient: dem Gegner aller alternativen Energien.
Auf Alternativen seinerseits zu alternativen Energien warten wir sicher vergebens.
Datenschutz bedeutet Transparenz
In der Datenschutzerklärung zum Befragungsbogen wird transparent gemacht, dass die Angaben von der Lorica zu Gunsten der späteren lokalen Betreibergesellschaft erhoben werden. Das muss so formuliert sein, wenn später eine bislang noch nicht gegründete Betreibergesellschaft (als Tochter der Lorica) diese Daten nutzen sollte. Formal wäre das eine Weitergabe an ein „weiteres“ (eigenes) Unternehmen. Ansonsten müssten diese Daten erneut erhoben werden, was mir nicht sinnvoll erscheint.
Die gemutmaßte mögliche Festlegung der Gemeinde auf die Firma Lorica dürfte Frank Dreves nicht entgangen sein, ist er doch seit vielen Jahren Mitglied der Gemeindevertretung, dem entscheidendem Gremium. Als Gemeindevertreter kenne ich von Frank Dreves dieses diskreditierende Verhalten gegenüber der Gemeinde, anderen Ämtern und Behörden und sogar Personen bereits zur Genüge.
Personenbezug
Die Zwecke des Personenbezugs sind auf dem Fragebogen klar benannt, unter anderem dienen diese „der Begründung eines eventuellen Vertragsverhältnisses sowie zum Zwecke der Übersendung von Informationen mit Bezug zum Nahwärmenetz“. Das wird bewusst nicht erwähnt, dabei ist es an Klarheit kaum zu überbieten.
Genossenschaftliche Nahwärme
Mangelndes Wissen hält nicht jeden von strammen Behauptungen ab. Das konnte Frank Dreves nicht wissen, da er vor Ende der Veranstaltung gegangen ist (mit erhobenem Daumen zu einem Mitstreiter): Die Frage nach einem Genossenschaftsmodell wurde gestellt und vom Lorica-Vertreter als möglich beurteilt, ausreichendes Interesse vorausgesetzt. Zuhören hilft.
Fazit
- Die Chancen für eine erfolgreiche Energiewende steigen mit einem Nahwärmenetz deutlich.
- Wir als Gemeindevertreter müssen genau hinschauen, was wir da machen.
- Eine reflexhafte Vorverurteilung ist nicht hilfreich.
- Das Angebot muss individuell geprüft werden, da eine Umstellung von vielerlei Faktoren abhängig ist: Art und Alter der bestehenden Heizung, mögliche Alternativen (Wärmepumpe, o. ä.) und mehr.
- Jeder muss sich informieren und sollte sich dabei nicht auf Einzelne verlassen.
- Jeder kann für sich entscheiden, niemand wird zum Mitmachen gezwungen.